Island Tour 2004

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1.Tag (04.07.2004 Ankunft):
Es ist geschafft, 16:00Uhr und wir haben isländischen Boden unter den Füßen! Schnell die Räder zusammengebaut und los geht es.
Zunächst kämpfen wir uns gegen den Wind die kleine Straße vom Flughafen in Richtung Kevlavik. Den Ort lassen wir im wahrsten Wortsinn links liegen. Nun ist die Straße auch deutlich breiter. Wenn es nicht gerade Sonntag wäre gäbe es sicher eine gute Einkaufsmöglichkeit im Bonus gleich neben einer Tankstelle am Ortsausgang von Kevlavik.
Jetzt geht es die nächsten 50km zusammen weiter mit einem nicht enden wollenden Tross von Geländefahrzeugen. Gelegentlich wird man auch mal von einem "normalen" Auto überholt, sonst nur das dumpfe Brummen der fetten 4x4 Reifen. Nach ein paar Kilometern durch ein schier endloses Lavafeld wird die Straße plötzlich vierspurig. Zu unserem Glück sind die rechten beiden Spuren noch nicht für den Verkehr freigegeben, so dass wir hier etwas entspannter vorankommen.
Endlich kommt Reykjavik in Sicht (aus den geplanten 52km werden am Tagesende gut 80km). Leider erweist sich die Stadt zunächst als eine Großstadt wie viele andere. Der Verkehr nimmt bereits in den Vororten zu und wird mindestens vierspurig geleitet. Fahrradwege scheinen manchmal trotz Umwegen nicht zum Ziel zu führen und so richten wir uns nach den Hinweisschildern für den Autoverkehr. Der Campingplatz liegt inmitten einer riesigen (olympischen?) Sportanlage, die auch gelegentlich ausgeschildert ist.
Nach dem Zeltaufbau wird mir unter der Dusche nochmal so richtig bewusst, in Island zu sein... das warme Wasser ist geothermisch; der Schwefelgeruch ist unverkennbar.

     

 

 

2.Tag (05.07.2004):
Nachts wurde es nur geringfügig dunkel, so eine Art Dämmerung eher. Im Zentrum von Reykjavik finden wir einen Buchladen, wo wir uns erstmal mit dem nötigen Kartenmaterial versorgen. (Die Beschaffung in Deutschland war uns zu riskant, bzgl. Aktualität, etc.)
Weil es uns in die Einsamkeit zieht, machen wir uns auf den Weg ohne die schönen Ecken der Stadt gesehen zu haben - leider ein Fehler, aber beim nächsten Mal...
Zunächst gilt es das Abenteuer noch weiter vorzubereiten, d.h. wir müssen Lebensmittel beschaffen. In einem Einkaufszentrum, das wir am Vortag bereits passiert hatten findet sich ein Bonus, geradezu geschaffen für einen Großeinkauf. Leider öffnet die Filiale erst nach dem Mittag, so dass wir noch eine gute halbe Stunde Kartenstudium betreiben. Nachdem die Pasta und Soße für die nächsten 8 Tage zusammen mit Brot, Äpfeln und was man sonst noch so braucht verstaut sind, kann es nun endlich losgehen.
Nach einer weiteren Stunde ist es geschafft, die Stadt und ihr Verkehr liegt hinter uns. Wir bewegen uns auf einer ruhigen, gut ausgebauten Straße in Richtung auf das einstmals kulturelle Zentrum Islands, PINGVELLIR. Hier ist die Bewegung der eurasischen und nordamerikanischen Platte sichtbar. Ein langer Mini-Canyon zieht sich von Nord nach Süd durch das Tal, welches vor uns liegt.
(Dummerweise verpassen wir den Eingang zu dieser Schlucht, obwohl der Reiseführer mehrfach darauf hinweist. Eine Sache mehr für's nächste Mal...)
An der Ranger-Station würde ich am liebsten das Zelt aufschlagen und mich in die Sonne legen, doch unser Ziel liegt noch ein paar Kilometer nördlich. Also lasse ich mich überzeugen und wir setzen die Reise fort, das Wetter ist perfekt und die Straße ist ja in bestem Zustand. Es müssen wohl Gerüchte gewesen sein, von wegen nur Schotterpisten auf Island...

 

 

 

 

 

Die Einsicht kommt wenige Kilometer später: die Straße endet in einer Schotterpiste. Die Geschwindigkeit fällt schlagartig von 25km/h auf acht oder zehn man will ja nichts kaputt machen am Fahrrad. Bekanntlich kommt ein "Unglück" selten allein: nachdem wir uns ein wenig eingefahren haben macht unsere "Straße" einen Knick und wir stehen plötzlich vor einer Rampe die sich in einer leichten Biegung einen Berg emporstreckt - unsere erste Begegnung mit isländischer Straßenbaukunst (leider nicht die letzte für diesen Tag). Zu allem Überfluss beginnt es auf der Hälfte des Berges aus allen Kannen und Eimern zu regnen, so dass wir statt zu schieben uns mit der Kraft der Verzweiflung in den Sattel schwingen und uns dem Pass entgegen sehnen. Durchnässt bis auf die Knochen kommen wir über den Pass und stellen erleichtert fest, dass es auf der anderen Seite besseres Wetter gibt.
Jetzt bin auch ich angekommen in der "Wildnis". Dass sie so aussieht und ich so absolut machtlos darin bin, lag fern jeglicher Vorstellung - ein guter Moment umzukehren und nach Hause zu wollen...
Meinem kleinen Bruder schien es noch gut zu gehen, also die dunklen Gedanken weggewischt und weiter ging es. Vorbei an öden Steinfeldern, kleinen Seen und prächtigem Lichtspiel auf den Berggipfeln um uns herum. Überwunden werden musste noch die eine oder andere Rampe, zur Not wurde das Rad halt zu zweit den Berg hinauf geschoben.
(Vorsichtige Zeitgenossen hätten sich diese Schotterstraße ausschließlich mit Bergsteigerausrüstung hinaufgewagt. Von wegen: "Wer baut solche Straßen - Danke man!", es mag ja Autos geben die 20° Steigung beherrschen, beim Fahrrad gibt es aber kein 4x4...)
Irgendwann konnten wir beide nicht mehr, nur ein kleines rotes Zeichen auf der Karte ließ uns weiterfahren; das Zeichen für geothermische Aktivität. Dann waren sie auch endlich zu sehen, kleine weiße "Rauchschwaden" die aus dem Flüßchen dessen Lauf wir folgten aufstieg. Das war unsere Belohnung für den heutigen Tag: wildes Campen in aller Einsamkeit direkt an einer heißen Quelle.
Das Baden im Bach gestaltete sich noch einmal etwas kompliziert, da das Schmelzwasser eigentlich zu kalt und das Quellwasser viel zu heiß zum angenehmen Bad war, doch das waren nun Kleinigkeiten. Nach dem Pasta-Essen gab es noch eine kulinarische Belohnung für diesen Tag; Schokopudding in der heißen Quelle gekocht.
Die Erlebnisse dieses Tages ließen in mir starke Bedenken erwachsen, ob wir tatsächlich bereit waren, wie geplant die Sprengisandur Hochlanddurchquerung zu fahren.

     

 

 

3.Tag (06.07.2004):
Irgendwie glücklich über den letzten Tag machen wir uns auf, voller Hoffnung mal wieder feste Straße unter die Reifen zu bekommen. Schier endlos zieht sich ein weit verzweigtes Schotterpistennetz von unserem heutigen Startpunkt bis zur Ringstraße, die ein zügigeres Vorrankommen verspricht. Am frühen Nachmittag ist die "1" erreicht. Das ist ein Gefühl als hätte man wochenlang gefastet und bekommt jetzt ein fünf Gänge Menu vorgesetzt. Das Fahrrad rollt einfach ohne große Anstrengung...
Obwohl der Verkehr auf diesem Abschnitt spürbar zugenommen hat, ist der Verkehr noch lange nichts im Vergleich zu mitteleuropäischen Verhältnissen. Die Straßenbaukunst bleibt auch auf der Ringstraße unverändert (hier allerdings mit Asphalt). Während man in den Alpenstaaten den einen oder anderen Bogen um unnötige Berge macht und Serpentinen in den steileren Abschnitten vorsieht, geht es auf Island zumeist schnurgerade in Richtung Gipfel.
Gegen abend haben wir dann endlich den höchsten Punkt der kontinuierlich aufwärts strebenden Strecke erklommen und können uns wieder ins Tal auf Meeresniveau stürzen. Leider ist weit und breit kein Fleck zum Zelten zu finden, so dass wir uns mit letzter Kraft doch noch aufmachen in das 30km entfernte LAUGARBAKI. Dort stellen wir entäuscht fest, dass das Schwimmbad bereits geschlossen ist. Dafür kommt es nass von oben und wir probieren zum ersten Mal den Benzinkocher im Vorzelt aus...

     

4.Tag (07.07.2004):
Die gestrige Monsteretappe schreit geradezu nach einem Ruhetag. Also geht es heute nur in das knapp 60km entfernte BLÖNDUS. Dort lacht die Sonne für uns. Zudem gibt es ein Schwimmbad mit einem heißen Whirlpool - perfekt für unsere müden Muskeln.
Inzwischen haben wir uns entschieden, an Stelle einer ungewissen Sprengisandur Durchquerung die einfachere Kjölur Hochlandquerung zu fahren. Da es am folgenden Tag schon in die "echte" Wildnis gehen würde nutzten wir gleich die Chance, unsere Vorräte aufzufüllen.

       

 

 

 

 

 

5.Tag (08.07.2004):
Etwa 20km Ringstraße hatte ich noch Zeit, mich mental auf das Hochland einzustellen. Nach den Erlebnissen von Tag zwei machte ich mich also auf das Schlimmste gefasst. Jedem Meter den wir näher an die Abzweigung zur Kjölur kamen, war eine Stufe hinauf zum 10-Meterbrett mit der Gewissheit, dass man springen würde. So mochte mich die Geröllstraße an besagtem Abzweig auch nicht aus der Ruhe bringen. Gut, ein wenig geflucht habe ich schon über diese unsinnig steile Straße die hinauf zum Wasserkraftwerk führt, welches als letzter Bote der Zivilisation quasi den nördlichen Eingang der Kjölur darstellt. Und natürlich habe ich dieses Kraftwerk für die Steilheit der Straße verantwortlich gemacht, schließlich ist es der Grund warum die Straße überhaupt umverlegt wurde (vielleicht war sie im alten Verlauf ja weniger steil...). Kurz vor dem Gipfel zweigt eine kleine Stichstraße zum Kraftwerk ab. Da wir eigentlich noch eine mächtige Strecke vor uns hatten, überlegen wir kurz, ob wir direkt weiterfahren sollten. Dann entscheiden wir uns, wenigstens die Wasserflaschen aufzufüllen und fahren zum Kraftwerk - zum Glück.
Eigentlich ist nichts zu sehen von einem Kraftwerk. (ok, bei einem Wasserkraftwerk gibt es auch keine Schornsteine...) Ein ziemlich modernes Gebäude ist dort zu finden, sonst nichts, was auf ein Kraftwerk hindeuten würde. Höflich wie wir sind, fragen wir, ob wir auf der Toilette unsere Flaschen auffüllen dürfen. Ein junger Mann bietet uns daraufhin eine Kraftwerksführung an, was wir dankend ablehnen (wir haben doch keine Zeit...). Wenigstens einen Kaffee und ein paar Kekse sollen wir doch nehmen. Damit sprach er wahre Zauberworte für frierende, hungrige Radler wie uns!
Hier mitten im nirgendwo scheint der Kraftwerksbetreiber sehr auf positive Public Relations bedacht. Eigens als Touristenführer verbringen isländische Schüler ihre Ferien hier. Dazu gehört auch ein Tisch mit besagten Leckereien für die Besucher. In den zwei Stunden, die wir letztendlich doch dort verbrachten blieben wir die einzigen Gäste, das Werk liegt nun mal nicht gerade an einer Hauptverkehrsroute...
Bei soviel Freundlichkeit haben wir dann auch die Rundtour gemacht, 300m hinab mit dem Fahrstuhl zu den Turbinen. Das Kraftwerk besitzt nämlich keine Staumauer, sondern es bezieht sein Wasser über Kanäle und Tunnel aus den Seen des Hochlandes.

   

 

 

 

Gut versorgt mit Kaffee und Keksen mach wir uns mit gehöriger Verspätung endlich auf den Weg. Unser Ziel ist HVERAVELLIR, eine Art Oase mitten im Hochland - noch gut 70km entfernt. Es mag an der guten Versorgung im Kraftwerk gelegen haben oder vielleicht auch nur an den recht guten Straßenbedingungen (eine Sandschwemme auf dem Schotter sorgte für gutes Fortkommen), jedenfalls sind wir frohen Mutes und bester Laune. Mitunter ist die Piste kilometerweit zu sehen bzw. taucht in der Ferne auf einer Anhöhe kurz auf. Irgendwann lassen wir die unzähligen Seen der nördlichen Kjölur hinter uns und tauchen in die schier endlose Hochebene ein. Der Zustand der Piste verschlechtert sich. Bald kämpfen wir wieder mit faustgroßem Geröllbelag. Die Geschwindigkeit fällt wieder auf realistische 8km/h. Leider ist von unserem Ziel noch längst nichts zu sehen. Das Auge orientiert sich immer in Richtung Horizont, rätselnd ob man um den spitzen Krater in der Ferne links oder rechts herum fahren wird. Endlich der Abzweig nach HVERAVELLIR! Die Steine am Wegrand sind schön ordentlich aufgereiht, zweifellos der Einfluss von Zivilisation. Weit kann es nicht mehr sein. Ein paar steile, kaum noch fahrbahre Hügel später haben wir es dann geschafft. Ich glaube heute ist mein Brüderchen fertiger als ich...
HVERAVELLIR ist eigentlich nicht mehr als 2-3 Häuschen und ein Sanitärcontainer. Wir springen noch schnell in das angestaute Becken mit dem heißen Quellwasser bevor es die hart verdienten Spaghetti gibt. Es ist kurz vor Mitternacht und wir machen noch einen Abendspaziergang im Licht der untergehenden Sonne. Es gibt mal wieder in einer Quelle gekochten Pudding - das "Übliche" halt.

       
 
   

 

 
 

6.Tag (09.07.2004):
Für heute haben wir uns die realistische Strecke von etwa 50km vorgenommen. Bei einem 8km/h Schnitt bedeutet das immerhin sechs Stunden reine Fahrtzeit. Wie wir schon am vorabend bemerken mussten, ist der Zustand der Piste deutlich schlechter als auf den ersten 50km der Kjölur. Die Landschaft wechselt gelegentlich von Steinwüste zur Grassteppe. Das Wetter ist uns hold. Bei Schnee oder Regen wäre es hier Natur zum abgewöhnen aber so sind wir fasziniert von den riesigen Gletschern am östlichen und westlichen Horizont und der Weite, die uns umgibt.
Am frühen Nachmittag biegen wir hundert Meter von der Route ab zu einer Hütte des isländischen Wandervereins - abgesehen von den Geländewagen und vereinzelten Bussen das erste Zeichen von Zivilisation seit dem Morgen.
Wir bauen unser Zelt auf einer kleinen Wiese vor der Hütte auf und widmen uns der Körperhygiene im Flüsschen davor. Am Abend bekommt die Hütte Besuch und wir müssen eine kleine Stellplatzgebühr entrichten. Dafür bekommen wir aber auch heißes Wasser (sogar eine Dusche wäre möglich!!!).

     
 
   
 
   
 
   

 

 

7.Tag (10.07.2004):
Der dritte Hochlandtag wird nun auch der vorerst letzte sein. Die 50km nach Gullfoss führen uns in Richtung einer Bergkette, die den höchsten Punkt der Kjölur markiert. Geduldig überwinden wir auch diese Anstrengung mit der Aussicht das Hochland bald hinter uns zu lassen. Auf der Südseite der Berge bei der Abfahrt wird uns klar, dass das Hochland seinen Namen durchaus verdient. Mit der Aussicht es bald geschafft zu haben, hatten wir dann auch nur aufmunternde Worte für die vielen Radfahrer die uns nun begegneten.
Auf den letzten 15km vor Gullfoss konnten wir live miterleben, wie in Island Straßen gebaut werden. Fast einen Meter hoch zieht sich ein Damm aus Splitt, dem die abschließende Lehm-/Sandschwemme noch fehlte. Gerne hätten wir auf dieses Erlebnis verzichtet, denn teilweise war selbst durch Schieben kaum ein vorwärtskommen möglich da die Räder permanent im Schotter versanken bzw. wegrutschten. Als sich die Piste kurz vor Gullfoss besserte, konnte uns auch das aufkommende Regenwetter nicht mehr bremsen.

     
 
   
 
 

 

Der Gullfoss Wasserfall ist ein wahrer Besuchermagnet, so fanden wir uns dann auch an einer amerikanisch anmutenden Nationalpark Station wieder mit einem Fastfood Restaurant, einem Parkplatz voller Busse und unzähligen Pauschaltouristen. Nach einer ausgiebigen Fotosession geht es weiter zum heutigen Ziel nach Geysir. Der Ort ist Namensgeber für die berühmten aus der Erde schießenden Wasserfontänen.
Wir campen kaum 300m entfernt vom Geysir direkt unterhalb eines ziemlich großen geothermisch aktiven Gebiets. Da wir uns ein ausgedehntes Bad nach den letzten drei anstrengenden Tagen redlich verdient haben geht es erstmal in den Pool des gegenüberliegenden Hotels (im Camping inkl.). Nach der üblichen Spaghettistärkung sind wir bereit den Geysir zu erforschen.
Der eigentliche Geysir ist seit einigen Jahren nicht mehr aktiv. Aber dafür verrichtet, gleich nebenan sozusagen, der STROKKUR seinen äußerst zuverlässigen Dienst. Etwa alle 15 bis 20 Minuten schießt er in die Höhe. Ganze vier Anläufe brauchen wir, um alles "im Kasten" zu haben...

       
 
   
 
       

 

8.Tag (11.07.2004):
Was nun? Das Hochland ist durchquert, unsere Abenteuerlust haben wir uns bewiesen. Schließlich entschließen wir uns in das vielzitierte LANDMANNALAUGAR zu fahren, angeblich so eine Art Paradies auf Erden..
Wir fahren deshalb nach Süden in Richtung FLUDIR. Zwischendurch kommt ein Stück asphaltierte Straße, was uns vergeblich auf mehr hoffen lässt. So schlimm ist die Piste dann auch nicht und wir kommen sehr gut voran, so dass wir am frühen Nachmittag in FLUDIR ankommen. Hier bietet sich eine gute (wenn auch teure) Einkaufsmöglichkeit, da wir die nächsten drei bis vier Tagen wahrscheinlich wieder abseits der Zivilisation verbringen werden.
Nun folgen wir der Straße in Richtung SPRENGISANDUR. Wir beschließen die Nacht in einem von Islands wenigen Waldgebieten zu verbringen. Letztendlich reicht es nur für ein Buschgebiet neben dem "Wald".

     

 

 

9.Tag (12.07.2004):
Die Straße steigt stetig etwas an. Wir durchqueren Gebiete, die teilweise an eine Mondlandschaft erinnern. Riesige Stauseen werden hier wohl gerade gebaut, oder wurden gebaut und das sind die Narben, die davon zurückgeblieben sind. Der Verkehr ist kaum noch zu spüren, schließlich handelt es sich für normale Fahrzeuge quasi um eine Sackgasse an deren Ende die SPRENGISANDUR bzw. der Abzweig zum LANDMANNALAUGAR liegt - beides nur mit 4x4 befahrbar.
An der letzten Tankstelle vor der SPRENGISANDUR Hochlandquerung sehen wir ein Schild, welches die nächste Tankstelle in 243km ausweist. Spätestens hier sind wir froh, uns für die KJOLUR entschieden zu haben. Bevor es nach fast 80km endlich rechts abgeht in Richtung LANDMANNALAUGAR, gilt es nocheinmal einen ordentlichen Hügel zu bezwingen. Am Abzweig setzen wir wieder unsere gute Miene zur schlechten Straße auf und setzen den Weg frohen Mutes fort. Doch der Verlauf der Piste fordert dann schon bald größte Anstrengungen von uns. In island-typischer Manier geht es bis zum höchsten Punkt einer Bergkette hinauf... Auf der anderen Seite angekommen erhalten wir einen großartigen Blick auf eine unwirkliche Mondlandschaft. Bis an den Fuße der Berge am Horizont erstreckt sich ein grau-braunes Lavafeld. Irgendwo dort hinten mussten (wollten) wir hin.

 

 

Irgendwann war auch diese Einöde bezwungen, doch die Natur hatte einige Hürden auf dem Weg ins Paradies gestellt. Kaum dass wir die Lavawüste hinter uns gelassen hatten, begann sich die Schotterpiste plötzlich in eine Sandpiste zu verwandeln. Diese Wüste zog sich endlos an den Bergketten entlang... So waren wir dann auch schon fast dankbar für die kleine Schotterpiste (auch wenn sie nochmal knackig bergauf ging), die uns die letzten 10km zum LANDMANNALAUGAR führte. Unmittelbar vor unserem Ziel bekamen wir dann auch unseren ersten zu furtenden Fluss (eher ein breiter Bach) zu Gesicht. Allerdings konnten wir uns hier nochmal über einen breiten Baumstamm, der als Fußgängerbrücke diente retten.
Das LANDMANNALAUGAR ist ein Tal, durchzogen mit vielen Bächen und Rinnsälen. Ein kleiner Fluss wird mit geothermischen Wasser gespeist und dient so als perfektes Freibad. Die Berge rundherum leuchten aufgrund von Mineralablagerungen in verschiedensten Farben. Mit Sicherheit ein besonderes Örtchen, wenn da nicht die vielen Touristen wären... Sobald die Sonne hinter den Hügelgipfeln verschwunden war, breitete sich eine empfindliche Kälte aus - unterstützt von vielen kleinen Rinnsälen und dem sumpfigen Untergrund. Daher zogen wir es vor, schnellstmöglich in die warmen und trockenen Schlafsäcke zu kriechen und das Quellbad evtl. am nächsten Morgen nachzuholen.

     

 

10.Tag (13.07.2004):
Heute geht keiner freiwillig aus dem Zelt. Die Temperatur ist immernoch im niedrigen, einstelligen Bereich und wir beschließen im Zelt zu frühstücken. In der Nacht sind weitere Touristengruppen angekommen, sämtliche erhöhten Gröllinseln in dieser Sumpflandschaft scheinen jetzt belegt zu sein. Dafür sind wir eigentlich nicht nach Island gekommen - plötzlich will ich nur noch weg von hier, so schnell wie möglich zurück in die unberührte Einsamkeit. Ursprünglich wollten wir die F235 zurück in Richtung Westen nehmen. Aber da wir nun schon zeitiger als geplant unsere Reise fortsetzten, bietet sich die Chance, an Islands Südküste zu fahren und noch ein paar dieser riesigen Wasserfälle zu bestaunen.
Allerdings führt der Weg dorthin durch eine weitläufige Flusslandschaft, die einige Furten verspricht - endlich! Mein Bruder scheint ganz heiß auf Flussdurchquerungen zu sein. Das Wetter bessert sich kaum. Um elf Uhr haben wir erst acht Grad Celsius. Vielleicht hätten wir vor der heutigen Etappe den isländischen Wetterbericht konsultieren sollen.

     

 

 

 

Der erste Flusslauf quer zur Fahrbahn lässt nichtmal eine Stunde auf sich warten; begleitet von einem breiten Grinsen im Gesicht meines kleinen Bruders. Da war sie nun, die letzte aller Herausforderungen: das Furten. Wir standen bestimmt 10-15 Minuten an der Furt und haben gefachsimpelt, wie man denn nun am besten auf die andere Seite kommt. Das Wasser war maximal kniehoch aber ganz gewiss eiskalt. Schließlich haben wir die Sandalen ausgepackt, die lange Radhose bis zu den Oberschenkeln hochgezogen und uns dann in die Fluten gestürzt... (Ok, eigentlich habe ich mein Brüderchen vorausgehen lassen, da mir die Sache doch nicht ganz geheuer war). Letztendlich ist so eine Flussdurchquerung kein großes Ding. Im Gegenteil, wenn man auf der anderen Seite abgetrocknet in Strümpfe und Schuhe schlüpfen kann und langsam wieder Gefühl in den Füßen bekommt, das ist schon ein kleiner Triumph über die Natur.
Nachdem wir den ersten Fluß hinter uns gelassen hatten, gab es kein zurück. Nun waren wir inmitten eines riesigen Quellgebietes. Aus allen Richtungen schienen die Flüsse nun zusammenzulaufen. In Bahnen gelenkt wurden die Flüsschen nur von den in die Berge gefressenen Schluchten. In den engeren Schluchten bestand die Straße lediglich in einem Kieselwall, der mitten in den Fluss geschüttet schien, die nächste Kreuzung verzichtet dann auch schonmal auf derartigen Luxus und verläuft direkt im feuchten Flussbett. Die Beschaffenheit der Piste, das viele Furten und die zwischendurch eingestreuten knackigen Steigungen (irgendwie muss man ja von einem Flusstal ins andere kommen...) lassen uns nur sehr langsam vorankommen. Zu allem Überfluss verschlechtert sich das Wetter je näher wir dem Höhenzug kommen, der uns von der Abfahrt in Richtung Südküste trennt. Das Zählen der Flussdurchquerungen haben wir aufgegeben, entweder die Beschreibung im Buch stimmt nicht oder die Gegend ist falsch... Bei diesen Bedingungen wird man irgendwie gleichgültig, wenn es dann auch noch von oben nass wird, versucht man schon mal mit Gewalt eine Furt zu durchfahren, was auch prompt mit nassen Schuhen geahndet wird. Ich hab sie wieder, die Natur zum abgewöhnen.

 

 

Es geht immer höher hinaus, mitten hinein in die wolkenverhangenen Gipfel. Dem eisigen Wind nach zu urteilen, müsste es eigentlich Schnee geben an Stelle dieses feinen Nieselregens, der uns allmählich durchnässt. Endlich, die höchste Stelle ist erklommen. Es folgt eine halsbrecherische Abfahrt, die auch der sichtbehindernde Nebel nicht zu bremsen vermag - von den fast erfrorenen Händen an den Bremsen ganz zu schweigen.
An eine Abzweigung in eine tiefe Schlucht steht etwas von ELGIDA, bei besserem Wetter sicher einen Abstecher wert. Aber das denken wir uns auch erst abends im warmen, trockenen Zelt. Wir finden ein kleines Gehöft in der grasbewachesenen Ebene, die sich am südlichen Ende der Bergkette befindet. Sogar ein kleines Häuschen mit einer warmen Dusche gibt es hier - ist das das Paradies?
Wind und Regen spielen ihr Spiel wie schon in den vergangenen Stunden, selten war ich so dankbar für ein Stück Stoff was uns davor bewahrt. Dank des großen Vorzeltes konnten wir ausgiebig alle nassen Sachen am Benzinkocher trocknen. Sogar der feuchte Daunenschlafsack ist wieder 1a gebrauchsfähig.
Heute waren wir wirklich zwei kleine Helden...

     

 

 

 

11.Tag (14.07.2004):
Hurra es regnet noch - die perfekte Entschuldigung sich nochmal umzudrehen und weiterzuschlafen. Bis zum Mittag ändert sich an der Wetterlage nichts. Warum sollte man sich auch in die Wolkenverhangene Pampa da draußen stellen, wo es doch im Schlafsack so schön kuschelig ist. Allerdings gehen unsere Vorräte langsam zur Neige, es ist schon drei Tage her, dass wir den kleinen Tante Emma Laden an der Tankstelle in FLUDIR geplündert haben.
Also beschließen wir gegen 14 Uhr uns doch endlich auf die Socken zu machen. Eine kleine Regenpause ausnutzend geht es weiter, tendenziell bergab in Richtung Meer. Natürlich wird jede Hoffnung auf lockeres Rollen von der inzwischen bekannten isländischen Straßenführung im Keim erstickt (ganz abgesehen von den vielen Gesteinsbrocken aus denen der Weg besteht). Wir bewegen uns entlang eines wie es scheint riesigen ehemaligen Gletscherbett. Irgendwo in der Ebene weit links von uns sammelt sich der Fluss XXXXXXXXX um sich in ein paar dutzend Kilometern ins Meer zu ergießen. Endlich deutet ein Gehöft soetwas wie Zivilisation an - Hoffnung auf bessere Straßen, die leider noch ein paar Kilometer auf sich warten lassen.
Ein großer Teil von Islands Süden besteht aus vielen Gletscherflüsschen, die in der Vergangenheit offensichtlich Unmengen an Sedimenten an die Küste transportiert haben. Als wir endlich auf die Ringstraße einbiegen, haben wir noch gut 30km mit kräftigem Gegenwind vor uns. Erst als wir diese Sander-Ebene verlassen und wieder in Reichweite der Steilküste kommen, lässt der Wind nach. Für diese Anstrengung werden wir mit einem malerischen Blick auf unsere Zielankunft, den kleinen Fischerort Vik belohnt.

       

12.Tag (15.07.2004):
Schon bei unsere Anfahrt auf Vik konnten wir die Felsformationen vor der Küste in Augenschein nehmen. Also bschließen wir nach der Proviantaufstockung, den Abstecher an Islands südlichsten Punkt auf uns zu nehmen. Unter den Meeresgewalten haben sich hier Felssäulen und Felsbrücken gebildet.

     
 
   
 
 

Das Wetter meint es wieder gut mit uns! Allerdings ziehen hinter uns dunkle Wolken auf, so dass wir uns entscheiden nicht zum Gletscher des MYRDALSJÖKULL zu fahren. Dafür kommt kurze Zeit später das SKOGARFOSS in Blickweite.

       

Als nach der letzten Eiszeit die dicken Eispanzer Islands abschmolzen, nahm das Gewicht welches Teile der Insel in die Erdkruste drückte enorm ab, so dass sich das befreite Gestein bis zu 50 Meter in die Höhe erhob. Als spektakuläres Resultat stürzen heute zahlreiche Wasserfälle diese Steilküste hinab. Der SKOGARFOSS ist einer der imposanteren Wasserfälle.

   

 

Für uns war das der perfekte Zeitpunkt um mit Kuchen und Keksen die Kohlenhydratreserven aufzufüllen (und der hervolugenden Sonne zu frönen).
Frisch gestärkt ging es weiter zum eigentlichen Ziel unseres kleinen "Umwegs", dem SELJALANDFOSS. Vor einigen Jahren gab es ein Kalenderblatt im BIKE-Kalender, auf dem zwei Radfahrer hinter dem Wasserfall entlanggefahren sind. Für dieses Motiv sind wir u.A. nach Island gekommen. Ganz klar, dass wir auch so ein Foto brauchen! Aufgrund des noch vorherrschenden Analogfilm-Zeitalters stellen wir erst zu Hause fest, dass es keine gute Idee war, uns mit einer grünen Jacke vor grau-grünem Hintergrund zu fotografieren...

     
 
   

 

Da wir ausnahmsweise mal starken Rückenwind hatten, entschlossen wir uns, weiter bis Hvolsvöllur zu fahren (die Karte lockte uns mal wieder mit einem Schwimmbadsymbol...).

   

13.Tag (16.07.2004):
Selfoss

14.Tag (16.07.2004):
Strandarkirkja

     

15.Tag (17.07.2004):
Grindavik

16.Tag (18.07.2004):
Blaue Lagune - Keflavik

     

 

17.Tag (19.07.2004):
Rückflug

     
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